Der Bildungssauschuss debattiert die aktuelle Lage auf dem Ausbildungmarkt. Die Bilanz der Bundesregierung ist leider ernüchternd. Statt Selbstlob sollten die Koaltionsfraktionen endlich Farbe bekennen und die berufliche Bildung in Deutschland fit für die Zukunft machen.

Der Berufsbildungsbericht vermittelt zwar auf den ersten Blick einen soliden Eindruck des deutschen Ausbildungsmarktes. Die günstige konjunkturelle Lage und die demografische Entwicklung haben dazu geführt, dass die Chance auf einen Ausbildungsplatz zumindest für einige Jugendliche leicht gestiegen ist. Diese Entwicklung kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich zugleich in mehreren Bereichen bedenkliche Entwicklungen verstetigen und zentrale Ziele der im Dezember 2014 geschlossenen Allianz für Aus- und Weiterbildung nicht erreicht wurden:

Nur noch 20 Prozent der Betriebe bilden aus; das in der Allianz vereinbarte Ziel, 20.000 zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze zu schaffen, wurde mit 7.300 weit verfehlt. Über 20.000 Jugendliche gingen bei ihrer Suche nach einer Lehrstelle komplett leer aus und rund 271.000 Jugendliche sind statt in einer regulären dualen Ausbildung in einer der kaum anschlussfähigen Maßnahme des Übergangssystems gelandet. Weil kaum eine dieser Maßnahmen zu einem vollqualifizierenden Berufsabschluss führt, werden diese jungen Menschen der Wirtschaft schon morgen als Fachkräfte fehlen.

Zugleich zeigt der aktuelle Berufsbildungsbericht, dass sich regionale Disparitäten verstärken und trotz der großen Anzahl an unversorgten BewerberInnen im vergangenen Ausbildungsjahr 41.000 Lehrstellen unbesetzt blieben. Diese Zahlen zeigen vor allem eines: Die Bundesregierung hat es im Rahmen der Allianz für Aus- und Weiterbildung bisher nicht geschafft, die notwendigen Strukturen zu schaffen, damit Jugendliche und Betriebe besser zusammenfinden.

Der Berufsbildungsbericht 2016 verweist darüber hinaus auf eine weitere Entwicklung, die bildungspolitisch skandalös und zugleich eine unsinnige Verschwendung von Ressourcen ist: Jugendliche mit Migrationshintergrund haben in Deutschland strukturell schlechtere Chancen auf einen Ausbildungsplatz. Auch mit Blick auf die Integration von Flüchtlingen in die Berufliche Bildung scheint die Bundesregierung strukturell planlos und verweigert ein klares Bekenntnis zur Integration. Mit dem Integrationsgesetz vom August 2016 wurde die Chance leichtfertig verspielt, durch eine großzügige Öffnung von Integrationsangeboten tragfähige Brücken in die Berufliche Bildung zu bauen.

Stattdessen verlieren sich die Koalitionsfraktionen in kleinkarierten Differenzierungen nach Aufenthaltsstatus und Bleibeperspektive und verhindern so, dass das duale System sein enormes Integrationspotenzial entfalten kann. Dass von dieser Bundesregierung in der Beruflichen Bildung nicht mehr viel zu erwarten ist, zeigt sich nicht zuletzt auch in der immer wieder angekündigten und noch öfter verschobenen Reform des Berufsbildungsgesetzes (BBiG).

In unserem Antrag „Im Jahr 2016 die Berufsbildung fit für die Zukunft machen“ (18/8259) haben wir die Bundesregierung aufgefordert, bis zum Juni ein umfassendes Konzept und die im Haushalt 2017 hinterlegten Instrumente vorzulegen, um die im Berufsbildungsbericht 2016 genannten zentralen Herausforderungen zur Zukunftsfähigkeit des dualen Systems schon im Ausbildungsjahr 2016/2017 angehen zu können. Diese zentralen Herausforderungen sind unter anderem:

  • Lösung der Passungsprobleme zwischen ausbildungswilligen Betrieben und ausbildungssuchenden Jugendlichen,
  • Steigerung der Ausbildungsbeteiligung von kleinen und mittleren Betrieben,
  • eine umfassende Digitalisierungsstrategie,
  • Verbesserung der Integrationsangebote für junge Flüchtlinge
  • Verbesserung der Anerkennungsverfahren

 

Zu Beginn des Ausbildungsjahres 2016/2017 zeigt sich nun, dass die Bundesregierung auf diese Herausforderungen keine Antworten hat. Auch wenn derzeit die Zahl der noch unbesetzten Ausbildungsplätze die Debatte dominiert: Noch immer gehen jedes Jahr Zehntausende SchulabgängerInnen in kaum anschlussfähige Übergangsmaßnahmen statt in eine Ausbildung. Hier muss eine echte Ausbildungsgarantie umgesetzt werden, die allen Ausbildungsinteressierten einen Einstieg bietet, der ohne Umwege zu einem Ausbildungsabschluss führt. Bereits im Mai 2015 hat die Grüne Bundestagsfraktion deshalb ein umfassendes Konzept für eine Ausbildungsgarantie vorgelegt, das durch eine Strukturreform des Übergangssystems allen ausbildungsinteressierten Jugendlichen unabhängig von Aufenthaltsstatus und Bleibeperspektive den Weg zum Berufsabschluss öffnet.

Wir wollen vor diesem Hintergrund:

  • aus dem Übergangsdschungel eine echte Ausbildungsgarantie formen;
  • echten Zugang für Geflüchtete schaffen, unabhängig von Status und Bleibeperspektive;
  • die bundesweite Mobilität von Azubis fördern;
  • Kleinstbetriebe beim Ausbilden unterstützen;
  • Berufsschulen bei der Flüchtlingsintegration und der Digitalisierung durch ein bundesseitiges Finanzierungsprogramm unterstützen.

 

Mit einer echten Strukturreform der Beruflichen Bildung könnte jene Ausbildungsgarantie umgesetzt werden, von der sich die Bundesregieurng mit der Allianz für Aus- und Weiterbildung leider verabschiedet hat.