Zu „In die Erinnerungslücke gefallen“ vom 10.2.2022 erklärt Beate Walter-Rosenheimer MdB:

Sehr geehrte Damen und Herren,

erst durch Ihre gestrige Berichterstattung habe ich vom offenen Brief der Lagergemeinschaft Dachau an Robert Habeck und Annalena Baerbock erfahren. Ich bedauere es sehr, dass offensichtlich beide noch nicht darauf geantwortet haben und habe mich gestern sofort mit den jeweiligen Büros in Verbindung gesetzt, um nachzuhaken.

Gleichzeitig habe ich auch die Lagergemeinschaft angeschrieben und mein Bedauern ausgedrückt und einen zeitnahen Gesprächstermin angeboten.
Kurz zum inhaltlichen Hintergrund:

Seit Jahren wird über die Einführung eines Parteistiftungsgesetzes gesprochen und wir Grünen versuchen seit Jahren, dies auf Bundesebene zu forcieren. Nicht nur aufgrund der hohen Gelder, die an die Stiftungen ausgeschüttet werden - im Jahre 2017 immerhin ca. 581 Millionen Euro - sondern auch auf Grund der Tatsache, dass rechte Stiftungen von den Geldern profitieren könnten.

Nach bisheriger Praxis könnten der Desiderius-Erasmus Stiftung (DES), die der AfD nahe steht, bis zu 70 Millionen Euro an Steuergeldern zustehen.
Viele Akteur*innen der Stiftung und Partei fallen seit Jahren mit antisemitischen, völkischen und rassistischen Äußerungen auf. DES-nahe Strukturen werden zudem vom Verfassungsschutz beobachtet. Es ist zu befürchten, dass die DES ein Forum für die neuen Rechten in diesem Land wird. Mitfinanziert von staatlichen Geldern - ein unhaltbarer Zustand.

Es ist als Teil unserer historischen Verantwortung anzusehen, solche Bewegungen zu verhindern und schon gar nicht finanziell zu unterstützen.
Deshalb ist dieser Brief der Lagergemeinschaft wichtig und muss gehört werden - aus Respekt vor den Überlebenden des Holocausts, der Erinnerung an die Opfer, sowie der staatseigenen Verantwortung. Die demokratischen Parteien in diesem Land müssen hierzu eindeutig Stellung beziehen.
Seit Jahrzehnten werden im demokratischen Konsens die Gelder der Stiftungen im Haushalt aufgeteilt. Klare gesetzliche Grundlagen mit einem Stiftungsgesetz auf Bundesebene fehlen. Diese hätte es schon längst geben müssen, auch ohne Erstarken der AfD. Hinweise auf die Problematik gab es zuletzt durch die kleine Anfrage der Grünen Bundestagsfraktion https://dserver.bundestag.de/btd/19/281/1928130.pdf

Die Stiftungen der demokratischen Parteien des Bundestags leisten durchaus wichtige politische Arbeit im In- und Ausland für viele Menschen und deshalb ist es für uns Grüne keine gute Option, dem parteinahen Stiftungswesen komplett den finanziellen Boden zu entziehen. Auf der anderen Seite ist für mich und meine Fraktion der Gedanke schwer erträglich, damit eine rassistische und antisemitische Parteistiftung mit Bundesgeldern zu unterstützen.