Ich werde dem Antrag der Bundesregierung heute nicht zustimmen. Als begeisterte Europäerin ist mir diese Entscheidung nicht leicht gefallen.

Griechenland, davon bin ich von ganzem Herzen überzeugt, ist Teil unseres vereinten Europas. Ich möchte, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Die Debatte der vergangenen Monate über einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone war oft emotionsgeladen und nicht selten rückten die eigentlichen Fragen dabei in den Hintergrund. Griechenland steht heute mit dem Rücken zur Wand. Löhne und Renten können nicht mehr ausgezahlt werden, Hunderttausende haben ihre Krankenversicherung verloren, die Jugendarbeitslosigkeit ist dramatisch hoch, große Teile der Bevölkerung rutschen in die Armut ab. Die Wiege der europäischen Demokratie steht vor einem humanitären Notstand, der einem wohlhabenden Europa des 21. Jahrhunderts unwürdig ist.  

Das Votum der griechischen Bevölkerung wurde durch Herrn Schäuble und den Verhandlungskurs der Bundesregierung ignoriert und ausgehebelt. Aber Griechenland darf nicht von Berlin aus regiert werden. Ich wünsche mir ein europäisches Deutschland und kein deutsches Europa. 

Fast entsteht der Eindruck, als ob die griechische Nation für den kraftmeierischen Auftritt von Yanis Varoufakis bestraft werden soll. So hat die Bundesregierung aber den Weg frei gemacht für eine innere Spaltung Europas und auch seiner Menschen. Die Bevölkerung in Griechenland braucht aber nicht unsere Bestrafung, sondern unsere Solidarität. 

Natürlich müssen beispielsweise Steuerhinterziehung und Steuervermeidung endlich wirksam bekämpft werden, in Griechenland und ganz Europa. Griechenland braucht Reformen, sogar ganz dringend. Kaputtsparen und Demütigen helfen definitiv nicht weiter.
Es scheint beinahe, als ob Herr Schäuble und Frau Merkel selber nicht mehr an ihr eigenes Programm glauben.
Ich will, und ich sehe die Notwendigkeit, dass Griechenland Überbrückungsgeld und weitere Hilfen bekommt. Das Land ist im Augenblick bewegungsunfähig, die Bevölkerung leidet.

Ich kann aber nicht "Ja" sagen zum Antrag der Bundesregierung, weil ich in meinen Augen damit auch „Ja“ sage zu einer unsäglichen nationalistischen und überheblichen  Politik, die andere Länder demütigt. Damit würde ich „Ja“ sagen zu einem Vorschlag eines deutschen Finanzministers, der parallel zur Gewährung von Hilfen weiter vom Grexit oder "Grexit auf Zeit" schwadroniert. Schon die vorangegangenen "Hilfspakete" haben gezeigt, dass das und die massive Sparpolitik offenbar nicht der richtige Weg sind. Immer mehr vom Falschen macht nichts besser.

Ich kann aber auch nicht mit "Nein" stimmen und das bringt mich - ebenso wie viele meiner KollegInnen - in ein Dilemma. Griechenland braucht Unterstützung. Sich jetzt aus der Affaire ziehen, wäre verantwortungslos. Aber wir haben eine Verantwortung für Europa! Gerade deshalb will ich mich auch nicht gemein machen, mit denen, die „Nein“ sagen, weil sie Griechenland am liebsten nicht mehr in der Eurozone sehen würden. Ich will nicht rechtskonservativen Politikern folgen, die mit ihrer "jetzt-ist-aber-mal-genug"- Rhetorik, das Bild des unfähigen Griechen zeichnen und deutschtümelnd polemisieren.  

Deshalb haben wir lange überlegt, schlecht geschlafen und viel diskutiert.

Es gibt nun einen eigenen Antrag der Grünen Fraktion, in dem wir aufzeigen, was für uns ein Weg aus der Krise und für den Umgang mit Griechenland sein könnte.

Nötig sind mehr Investitionen, Griechenland braucht endlich wieder wirtschaftliche Kraft. Nötig ist eine sinnvolle und langfristige Restrukturierung der Schulden, damit das Land wieder eine Perspektive bekommt. Das ist das Ziel unseres Antrags: eine Perspektive für die Menschen in Griechenland und eine Stärkung der gesamten Euro-Zone. 

Diesem Antrag stimme ich voll und ganz zu. Beim Antrag der Bundesregierung werde ich mich aus oben genannten Gründen enthalten.