Pressestatement von Beate Walter-Rosenheimer, MdB Bündnis 90/Die Grünen, zum Beschluss des Zweiten Datenaustauschverbesserungsgesetzes (Drucksache 19/8752)

„Die angebliche Begründung des Gesetzentwurfs ist, schnelle Identifizierbarkeit zu ermöglichen, um Kindern und Jugendlichen raschere Hilfen anzubieten.
Das sind aber nur scheinheilige Vorwände. Denn die Bundesregierung offenbart erneut, dass sie minderjährige unbegleitete Flüchtlinge immer noch nicht als Kinder und Jugendliche sieht, die Schutz und Sicherheit brauchen.  

Die Gesetzesentwürfe, die heute beschlossen wurden, verbessern die Lage für Kinder und Jugendliche nicht. Für die Grüne Bundestagsfraktiom hat das Kindeswohl aller Kinder und Jugendlichen, unabhängig von ihrer Herkunft, oberste Priorität. Unbegleitete Kinder und Jugendliche dürfen nicht einfach zwischen Behörden ohne fachkundige Betreuung hin und her geschoben werden. Es braucht gerade für diesen Personenkreis eine eindeutige Rechtslage, die ihrem besonderen Status entspricht. 

Alle unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge müssen schnellstmöglich eine sozialpädagogische Unterstützung erhalten, damit Flucht und traumatische Erlebnisse so weit wie möglich aufgearbeitet werden können. 

Wenn dann noch Horst Seehofer sagt, dass er das Datenaustauschgesetz, "ganz stillschweigend" eingebracht habe und der Meinung ist, dass man Gesetze kompliziert machen müsse, damit die Leute sich nicht so darüber erregen, ist das ein Schlag ins Gesicht unserer Demokratie.“

Hintergrund:

Heute wird mit zahlreichen anderen Gesetzesänderungen im Hauruckverfahren “stillschweigend” auch das zweite Datenaustauschverbesserungsgesetz verabschiedet.

Der Gesetzentwurf soll weitere Befugnisse zur Speicherung und Datenabfrage in Bezug auf Ausländer_innen ermöglichen.

Eindeutig ist allerdings: dieser Gesetzentwurf verletzt die Grundprinzipien des Minderjährigenschutzes bei minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten. 

Die Zuständigkeit für die Identifizierung und Erstunterbringung unbegleiteter minderjährige Flüchtlinge liegt jetzt nicht mehr nur bei den Jugendämtern. Sondern wird auch durch die Bundespolizei, Aufnahmeeinrichtungen und von den Außenstellen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung und Registrierung ermöglicht.

Trotz einer Nachbesserung im Gesetzesentwurf, entscheidet somit nicht mehr allein die  Fachkompetenz der Jugendhilfe über das Wohlergehen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Zu befürchten ist, dass mit der Erstregistrierung durch Bundespolizisten oder Mitarbeiter_innen einer Erstunterkunft schon eine Entscheidung gefällt wird, ob ein Flüchtling als minderjährig gilt.

Zudem traumatisieren solche erkennungsdienstlichen Behandlungen geflüchtete Jugendliche noch weiter. 

Darüber hinaus wird das Mindestalter zur Abnahme von Fingerabdrücken drastisch abgesenkt:  so sollen nun nicht mehr unbegleitete Minderjährige ab 14 Jahren, sondern bereits ab 6 Jahren dazu verpflichtet werden.