Allein in den beiden Landkreisen Dachau und Fürstenfeldbruck sind fast 10.000 manipulierte Dieselautos auf der Straße. Das geht aus der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine schriftliche Frage von Beate Walter-Rosenheimer Das sind fast 10.000 Fahrzeughalter, die im Glauben an ein deutsches Qualitätsprodukt mit umweltfreundlicher Technologie von der Autoindustrie betrogen und von der Bundesregierung im Stich gelassen wurden. Auch die Süddeutsche Zeitung berichtet dazu.

Experten bemängelten von Anfang an, dass Software-Updates bei weitem nicht ausreichen, um die maximal zulässigen Grenzwerte im Straßenverkehr einzuhalten. Das hat Angela Merkel selbst öffentlich zugegeben. Tragisch ist nur, dass diese Erkenntnis zu keinerlei Konsequenzen führt. Das Bundesverkehrsministerium behauptet zwar, dass die Kosten der Umrüstung von den Herstellern übernommen würden. Ein Blick ins Kleingedruckte zeigt aber, dass sich diese Ankündigung nur auf Software-Updates bezieht. Eine Garantie, dass am Ende nicht doch die Autofahrer die teure Zeche zahlen, gibt der Minister nicht.

Dies verwundert kaum: In der unions-geführten Bundesregierung hatten die Bosse von VW und Co. stets einen festen Platz am Kabinettstisch. Jahrelang hat gerade der Verkehrsminister die Automobilindustrie hofiert. Der Cheflobbyist der Automobilindustrie, Martin Wissmann und die Vorstände der sechs größten deutschen Autobauer waren in den vergangenen vier Jahren mindestens 30 Mal zu Gast im Bundesverkehrsministerium. Zum Vergleich: Umweltverbände schafften es im gleichen Zeitraum nur zweimal ins Büro des Ministers. Auch das gesteht die Bundesregierung auf Anfrage von Beate Walter-Rosenheimer zähneknirschend ein.

Dem Industriefreund Dobrindt sind die Seilschaften nach Wolfsburg und Ingolstadt wichtiger als eine gerechte Entschädigung der betrogenen Kunden. Kurz vor der Bundestagswahl will er solche Hiobsbotschaften natürlich um jeden Preis verhindern. Die Bundesregierung darf sich nicht länger zum Lakaien der Autoindustrie machen. Sie muss sich endlich auf die Seite der betrogenen Bürger stellen. Die Hersteller müssen verpflichtet werden, die Kosten für jede notwendige Nachrüstung zu übernehmen. Das betrifft Software und Hardware. Die Betrügereien von selbstherrlichen Managern und einer zur Kontrolle unfähigen Bundesregierung dürfen nicht zur faktischen Enteignung von Menschen führen, die privat oder beruflich auf ihr Auto angewiesen sind.

Wenn die Bundesregierung die Automobilindustrie mit Verweis auf deren große volkswirtschaftliche Bedeutung weiter mit Samthandschuhen anfasst, ist das zynisch. Durch Stillhalten und Lippenbekenntnisse deckt die große Koalition letztlich Betrug am Bürger im großen Stil. Der VW-Konzern allein hat auf dem Höhepunkt der Diesel-Affäre im Jahr 2016 noch über 7 Milliarden Euro Gewinn eingefahren. Es ist lächerlich, wenn Industrie und Bundesregierung jetzt behaupten, dass aufwendige Umrüstungen für die Hersteller zu teuer sind. Gegen die Selbstherrlichkeit mancher Manager hilft nur klare Kante seitens der Politik. Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung ihren Kuschelkurs beendet und sich schützend vor ihre Bürger stellt. Dazu fehlt es sowohl Kanzlerin Angela Merkel als auch ihrem bayerischen Noch-Verkehrsminister Alexander Dobrindt aber am nötigen Rückgrat.