220624 jesidinnen nadia muradIn ihrem gestrigen Beitrag berichtete Beate Walter-Rosenheimer von ihrem Treffen mit Nadia Murad.
So beeindruckend und berührend ihr Besuch war, umso schrecklicher war der Grund dafür. 
Der Austausch mit Frau Murad diente der Entscheidungsfindung, ob der Deutsche Bundestag die Taten des IS im Nordirak 2014 als Genozid anerkennen will. 
 
Der IS ermordete 2014 über 5000 Jesid*innen, hauptsächlich Männer und ältere Frauen.
Tausende junge Frauen und Kinder wurden verschleppt und auf den Sklavenmärkten in Mosul und Raqqa an IS-Familien, darunter auch an deutsche IS-Kämpfer, verkauft. Hier erlebten die Opfer häufig ein jahrelanges Martyrium. Über 2500 Frauen und Kinder werden heute noch vermisst. 
Frau Murad schildert die Geschehnisse vor Ort aus persönlicher Erfahrung. Sie ist selbst Opfer des IS-Terrors geworden und hat ihre Mutter und sechs Geschwister verloren.
 
Häufig vergisst man die individuellen Schicksale und das persönliche Leid bei der schieren Höhe der Opferzahlen. Umso wichtiger ist es, dass Frauen wie Nadia Murad sich in die Öffentlichkeit begeben und ihre Geschichte erzählen. Dies macht die Schicksale greifbar und den Schrecken sichtbar. 
Hierfür bewundere ich Nadia Murad sehr. Es ist nicht einfach, immer wieder über das Trauma der Zerstörung des eigenen Dorfes und den Tod vieler Familienmitglieder zu sprechen. 
 
Der Genozid gilt als das schlimmste Verbrechen im Völkerstrafrecht, das „Verbrechen der Verbrechen“. Als Genozid werden Taten eingeordnet, die darauf abzielen eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören. Dieses schreckliche Ziel kann durch Tötungen, schwere körperliche oder seelische Schäden, Geburtenverhinderung, Kindesentziehungen und durch die Unterverwerfung unter Lebensbedingungen, die auf eine Zerstörung der Gruppe abzielen, verfolgt werden. 
Das OLG Frankfurt sah dies in einem Verfahren gegen ein IS-Mitglied auch als erwiesen an. Ein Meilenstein für die Aufarbeitung dieses Völkermordes. Auch wir im Bundestag sehen dies so. 
 
Hiermit verurteilen wir im Gegensatz zum OLG Frankfurt jedoch keine Täter*innen, sondern die Geschehnisse in ihrer Gesamtheit. 
Wir haben uns nach dem Treffen mit Frau Murad zum Ziel gesetzt, dass der Bundestag die Taten als das anerkennt, was sie waren: Völkermord. 
(Team //sm)