Als jugendpolitische Sprecherin unserer Grünen Bundestagsfraktion, als klinische Psychologin und als Mutter geben mir die neuesten Studien zu jungen Menschen schwer zu denken.

Die inzwischen breite Studienlage zur Situation von Kindern und Jugendlichen während der Pandemie unterstreicht die Problematik in der Krise. Die Werte werden mit jeder neuen Veröffentlichung dramatischer: Fast 60% der Teilnehmenden der jüngsten Befragung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung sind der Überzeugung, dass ihre Belange in der Politik keine Rolle spielen. Sie fühlen sich nicht gesehen und nicht gehört.

Sie glauben nicht an eigene Partizipations-Möglichkeiten. Das bedrückende Gefühl dazu heißt: Ohnmacht.
Die Jugendlichen in der Pandemie sind einsam (61%), beschreiben sich selbst als psychisch belastet (64%) und haben Angst vor der Zukunft (69%).
Psycholog*innen, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen sowie Kinder- und Jugendlichenpsychiater*innen schlagen in einem offenen Brief im Februar 2021 Alarm: seit Pandemiebeginn treten vermehrt Angst- und Schlafstörungen sowie Essstörungen und Despressionen bei Kindern und Jugendlichen auf. Dramatisch ist die Zunahme akuter Suizidalität und psychiatrischen Notfällen. Die Anfragen nach Psychotherapien sind um 60% gestiegen.

Kinder und Jugendliche, die vor Beginn der Pandemie schon belastet waren oder unter psychischen Krankheiten litten, tragen besonders schwer an dem Zusammenbruch ihrer stützenden Strukturen und auch den besten und engagiertesten Familien geht langsam, aber sicher die Puste aus. Kinder, Jugendliche und die junge Erwachsene nehmen sich als auf ihre funktionellen Rollen reduziert wahr. Und tatsächlich: Die Debatte um die Probleme junger Menschen beschränkt sich auf Unterrichtskonzepte, fehlende Hardware und Digitalisierung.

Anders als andere vulnerable Gruppen werden sie nicht als eigenständige Personen mit unterschiedlichen Wünschen, Zielen und Bedürfnisse wahrgenommen. Das muss sich dringend ändern!

bwr